Die Dekarbonisierung der Industrie ist eine der größten Herausforderungen auf dem Weg zu einer klimaneutralen Wirtschaft. Immerhin ist die Industrie für rund 30% der globalen Treibhausgasemissionen verantwortlich. Daher kommt ihr bei der Erreichung der Klimaziele eine Schlüsselrolle zu. Doch die Umstellung gestaltet sich alles andere als einfach. Die Produktionsprozesse sind oft sehr energieintensiv und lassen sich nicht ohne Weiteres auf erneuerbare Energien umstellen. Es braucht daher innovative Lösungen und neue Technologien, um die Emissionen drastisch zu senken.
In diesem Artikel wollen wir uns anschauen, wo die Industrie aktuell steht, vor welchen Herausforderungen sie konkret steht und welche Lösungsansätze es gibt, um ihre Klimabilanz zu verbessern. Denn klar ist: Ohne eine weitreichende Dekarbonisierung der Industrie sind die Klimaziele des Pariser Abkommens nicht zu erreichen. Die Zeit drängt also, aus dem Kohlenstoffzeitalter herauszukommen und die Weichen auf eine nachhaltige Zukunft zu stellen.
Inhaltsverzeichnis
Wo steht die Industrie aktuell?
Die Industrie ist extrem vielfältig. Sie umfasst Branchen wie die Chemie-, Stahl-, Zement- und Aluminiumindustrie, aber auch die Lebensmittelproduktion, die Papierherstellung und vieles mehr. Entsprechend unterschiedlich sind die Herausforderungen und Lösungsansätze zur Dekarbonisierung.
Gemeinsam ist den meisten industriellen Prozessen, dass sie sehr energieintensiv sind. Allein über 70% des weltweiten Endenergieverbrauchs entfallen auf die Industrie. Hinzu kommen die Prozessemissionen beispielsweise bei der Zementherstellung, die sich nicht einfach vermeiden lassen. Zwar konnte die Branche ihre Emissionen pro Produkteinheit in den letzten Jahrzehnten senken. Doch der wachsende globale Ressourcen- und Energiehunger frisst diese Effizienzgewinne wieder auf.
In Summe ist die Industrie aktuell für knapp 30% der menschengemachten Treibhausgasemissionen verantwortlich. Um das 1,5 Grad Ziel noch erreichen zu können, müssen diese Emissionen bis 2050 aber praktisch auf Null sinken. Es braucht also einen radikalen Umbau der industriellen Wertschöpfungsketten – und das in wenigen Jahrzehnten. Kein Wunder, dass von der „Herkulesaufgabe“ der Dekarbonisierung gesprochen wird.
Wo liegen die größten Herausforderungen?
Bei der Dekarbonisierung der Industrie gibt es grob 4 Herausforderungsbereiche:
1. Energieintensive Hochtemperaturprozesse
Viele industrielle Produktionsprozesse wie in der Stahl- und Zementindustrie finden bei extrem hohen Temperaturen über 1000 Grad Celsius statt. Eine Elektrifizierung ist hier aktuell noch nicht möglich. Es braucht daher andere Lösungen wie die Umstellung auf grünen Wasserstoff oder Abscheidung und Speicherung von CO2.
2. Prozessemissionen
Bei der Herstellung etwa von Zement, Stahl oder Chemikalien entstehen auch Prozessemissionen, die sich nicht vermeiden lassen. Hier können Verfahren wie die CO2-Abscheidung und -Speicherung zum Einsatz kommen.
3. Investitionszyklen und Pfadabhängigkeiten
Viele Anlagen in der Industrie haben eine Lebensdauer von 30 Jahren und mehr. Es braucht also einen langen Atem bei der Dekarbonisierung. Zugleich besteht die Gefahr, in emissionsintensive Pfade eingeschlossen zu werden.
4. Internationale Wettbewerbsfähigkeit
Die Umstellung ist extrem kapitalintensiv. Es besteht die Gefahr von Carbon Leakage: Unternehmen wandern in Länder mit weniger ambitionierten Klimazielen ab. Es braucht also faire Rahmenbedingungen.
Welche Lösungsansätze gibt es?
Angesichts dieser Herausforderungen braucht es einen Instrumentenmix aus technologischen Innovationen, politischen Rahmenbedingungen und kooperativem Vorgehen entlang der Wertschöpfungsketten. Im Folgenden ein Überblick über zentrale Lösungsbausteine:
Elektrifizierung und erneuerbare Energien
Wo immer möglich, sollten Prozesse direkt oder indirekt mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Beispiele sind Wärmepumpen, die Elektrifizierung von Öfen oder der Einsatz von grünem Wasserstoff.
CO2-Abscheidung und -Speicherung
CCS ist besonders für Prozessemissionen oder Restemissionen eine Option. Allerdings braucht es dafür Leitungsinfrastruktur und Speichermöglichkeiten.
Kreislaufwirtschaft und Materialeffizienz
Durch konsequentes Recycling, eine längere Produktnutzung oder Materialeinsparungen lassen sich Treibhausgasemissionen vermeiden.
Disruptive Technologien
Neue Herstellungsverfahren wie die Direktreduktion bei der Stahlherstellung oder alternative Zementarten können helfen, Emissionen zu senken.
Wasserstoff
Grüner Wasserstoff kann als Brenn- und Rohstoff in der Industrie zum Einsatz kommen und Erdgas oder Kohle ersetzen.
Biomasse
Auch Biomasse kann eine Rolle als erneuerbarer Energie- und Materialträger spielen. Wichtig sind hier Nachhaltigkeitsstandards.
Sektorkopplung
Durch die Kopplung etwa von Strom- und Wärmesektor lassen sich Erneuerbare besser integrieren und Synergien heben.
Ordnungsrechtliche Maßnahmen
Über strengere Produktstandards oder einen sektoralen Emissionshandel lässt sich die Dekarbonisierung beschleunigen.
Forschung und Entwicklung
Innovative Technologien können helfen, Pfadabhängigkeiten aufzubrechen. Staatliche Förderprogramme sind hier zentral.
Kooperative Ansätze
Die Umstellung gelingt nur, wenn alle Akteure in den Wertschöpfungsketten zusammenarbeiten – von Zulieferern bis Kunden.
Fazit zur Dekarbonisierung der Industrie: Jetzt die Weichen stellen
Die Dekarbonisierung der Industrie ist eine Mammutaufgabe. Doch die Zeit drängt, das Ruder herumzureißen und einen Pfad in Richtung Treibhausgasneutralität einzuschlagen. Es gibt eine Reihe vielversprechender Lösungsansätze – von der Elektrifizierung über Wasserstoff bis CCS. Entscheidend ist jetzt, diese Technologien mit Hochdruck weiterzuentwickeln und globale Kooperationen voranzutreiben. Dann kann die Industrie tatsächlich zu einer Säule der Energiewende werden.